18% der schweiz. Tierdelikte im Kanton Bern

De Kanton Bern ist Spitzenreiter

18% aller Verstösse gegen das geltende Tierschutzgesetzt finden im Kanton Bern statt (Berechnet auf die EInwohnerzahl). Aus diesem Grund ist auch im Kanton Bern die Einführung eines Tieranwaltes dringend notwendig. Im Umfeld der Abstimmung vom 7. März wurde wiedermal mit viel Polemik von den Gegnern unsachlich argumentiert. Bundesrätin Leuthard meinte gar, die Gesetze seien ausreichend, um Straftaten gegen Tiere zu verhindern. Ein ganz weise Bemerkung unserer Bundesrätin: Konsequenterweise müsste sie dann auch die Polizei aufheben, da wir ja genügend Gesetze haben und es somit gar keine Straftäter geben kann.


Menschenrechte wichtiger

Ich werde immer wieder darauf hingewiesen, dass der Schutz der Menschenrechte wichtiger als Tierschutz sei. Global mag das zutreffen. Aber ich kenne keinen Fall von Verstössen gegen die grundlegenden Menschenrechte im Kanton Bern - gegen das Tierschutzgesetzt und die Tierrechte jedoch sind es tausende.

Aus diesem Grund setze ich mich für die Schaffung eines kantonalen Tieranwalts nach Zürcher Vorbild ein.

Im folgenden finden Sie die wichtigsten Argumente, welche für dieses Anliegen sprechen und eine sachliche Diskussion ermöglichen.


Argument 1

Der Tieranwalt kostet Bauern und Heimtierbesitzer zusätzliches Geld, weil sie neu eine Haftpflichtversicherung abschliessen müssen.

Haftpflichtversicherungen für Tiere können – und sollten in vielen Fällen – schon heute abgeschlossen werden. Es gibt sie aber nur im privatrechtlichen Bereich. Sie dienen dem Zweck, Schäden durch Tiere vorsorglich zu versichern, etwa Schäden, die durch Hunde, Pferde oder ausgerissenes Rindvieh entstehen. In strafrechtlicher Hinsicht kann man sich hingegen nicht versichern. So kann beispielsweise ein Dieb keine Haftpflichtversicherung abschliessen, damit er ungestraft stehlen darf. Der Tieranwalt wird nur bei Straftaten von Tierhaltern (und nicht bei durch Tiere verursachten Schäden) eingeschaltet. Es ist also nicht nur unsinnig, sondern schlicht falsch, dass Tierhalter sich neuerdings versichern müssten - vielmehr können sie sich gegen ihre eigenen Tierschutzstraftaten gar nicht versichern.


Argument 2

Die Schweiz hat bereits eines der besten Tierschutzgesetze der Welt. Es braucht nicht auch noch Tieranwälte. Für die Sicherstellung des Vollzugs schreibt das Tierschutzgesetz ausserdem seit 2008 kantonale Fachstellen vor.

Das Schweizer Tierschutzrecht schneidet im internationalen Vergleich gut ab, auch wenn aus der Sicht des Tierschutzes noch immer erhebliches Verbesserungspotential besteht. Tieranwälte haben aber gar keinen Einfluss auf den Inhalt des Tierschutzrechts, sondern dienen einzig dessen konsequentem Vollzug. Dieser wird vom eidgenössischen Gesetzgeber ausdrücklich gefordert, ist aber leider noch längst nicht in allen Kantonen Tatsache. Die kantonalen Tierschutzfachstellen sind dem Verwaltungswesen zugeordnet und haben keine Strafrechtsbefugnisse. Sie erfüllen wichtige Aufgaben im unmittelbaren Schutz von Tieren, verfügen aber nicht über Beschwerde- oder Parteirechte in laufenden Strafverfahren und sind daher auch nicht als Rechtsvertreter der geschädigten Tiere geeignet. Zwar gibt es in einigen Kantonen (etwa in Bern und Zürich) auf Tierdelikte spezialisierte polizeiliche Fachstellen, die im Bereich der Strafrechtspflege tätig sind. Doch auch sie verfügen nicht über die Möglichkeit, Tiere in Rechtsverfahren zu vertreten und ersetzen darum Tieranwälte nicht.


Argument 3

Die Kantone sollen selber entscheiden, ob sie einen Tieranwalt einsetzen wollen.

Die Kantone sind für den Vollzug des Tierschutzstrafrechts zuständig. Die jährliche Auswertung der Schweizer Tierschutzstrafpraxis zeigt regelmässig, dass diese grosse Verantwortung längst nicht von allen Kantonen genügend wahrgenommen wird. Im Interesse der Öffentlichkeit und der betroffenen Tiere, die selber nicht auswählen können, in welchem Kanton sie leben möchten, ist es darum unumgänglich, den Kantonen einen Tieranwalt vorzuschreiben.


Argument 4

Tieranwälte kosten den Steuerzahler viel Geld.

Ein besserer Vollzug – und dieser ist in vielen Kantonen in Tierschutzbelangen unzweifelhaft notwendig – ist mit einem gewissen finanziellen Aufwand verbunden. Das Beispiel des sehr erfolgreichen Zürcher Modells zeigt, dass dieser Aufwand aber nur geringfügig ist: Von den jährlichen Strafverfolgungskosten von 100 Millionen Franken entfallen auf das Honorar des Tieranwalts gerade einmal 80'000 Franken (bei 190 behandelten Fällen), d.h. weniger als 1 Promille. Im Gegensatz zu anderen Modellen stellt der Tieranwalt sogar eine günstige Lösung dar, weil aufgrund seines tierschutzrechtlichen Spezialwissens externe Gutachter weniger oft zu Hilfe gezogen werden müssen.


Argument 5

Prävention ist besser und wichtiger, als mit einem Tieranwalt erst dann zu reagieren, wenn ein Tier bereits schlecht behandelt worden ist. Das direkte Gespräch mit fehlbaren Tierhaltern und allfällige Verwaltungsmassnahmen sind darum viel effizienter als unnachgiebige Härte und Bestrafung von Tätern und bieten den betroffenen Tieren unmittelbaren Schutz.

Diesem Argument zufolge wäre das gesamte Strafrecht überflüssig, wenn stattdessen genügend Aufklärung und Prävention vor Gesetzesverstössen betrieben würde. Natürlich wird durch die Bestrafung des Täters kein von einer Straftat betroffenes Tier wieder lebendig oder unversehrt. Die Tätigkeit der kantonalen Veterinärdienste, die für Tierhaltungskontrollen und die Beseitigung unrechtmässiger Zustände im Tierschutzbereich zuständig sind, ist für den unmittelbaren Schutz der betroffenen Tiere darum unverzichtbar. Auch sie haben allerdings oft erst dann die Möglichkeit einzugreifen, wenn Tieren bereits Leid widerfahren ist. Prävention ist zweifellos sehr wichtig, sie ersetzt aber keinesfalls einen angemessenen Strafvollzug. Dieser ist erforderlich, weil Tierquälereien nie ganz vermeidbar sind. Der Tieranwalt kümmert sich nicht um die Fälle, in denen die Prävention greift und Tiere gesetzeskonform behandelt werden, sondern um jene, in denen sie versagt. Für bereits begangene Tierschutzdelikte sind die Täter angemessen zu bestrafen, so wie auch andere Straftaten, namentlich Strassenverkehrsdelikte geahndet werden. Zudem geht von empfindlichen Strafen eine präventive Wirkung aus, indem sie geeignet sind, sowohl den betroffenen Täter von weiteren Taten abzuhalten als auch die Gesellschaft dafür zu sensibilisieren.


Argument 6

Es können nicht neue staatliche Institutionen geschaffen werden, nur weil Tierschutzorganisationen diese verlangen. Als Minderheit müssen sie sich nun mal mit dem bestehenden Strafrechtssystem abfinden.

Tierschutzorganisationen stehen nicht für ihre Mitglieder ein, sondern für Millionen von Tieren, denen unsere Rechtsordnung bestimmte gesetzliche Ansprüche zubilligt. Es geht also nicht um eine unbedeutende Minderheit, die sich fügen muss, sondern um eine ausserordentlich grosse Anzahl von empfindungsfähigen und schützenswerten Lebewesen, die sich nicht selber Gehör verschaffen kann. Zudem entspricht der bestmögliche und konsequente Vollzug des Tierschutzrechts einem klaren Verfassungsauftrag, also dem ausdrücklichen Willen einer demokratischen Mehrheit. Ein funktionierender Tierschutz ist ein gesellschaftliches Bedürfnis.


Einem besseren Rechtsschutz von Tieren wurde mit ihrer Lösung vom Sachstatus und der neuen Informationspolitik des Bundes, die vor allem auf Ausbildung und Aufklärung der Tierhalter setzt, bereits genügend Rechnung getragen.

Dass Tiere seit 2003 auch rechtlich nicht mehr als Sachen gelten, bedeutet lediglich eine Anpassung an die seit Jahrzehnten verbesserte Mensch-Tier-Beziehung in unserer Gesellschaft. Auf den Vollzug des Tierschutzrechts hat dies aber keinen Einfluss, da die entsprechenden Gesetzesänderungen im Privatrecht die Strafrechtspflege nicht berühren und sich im Wesentlichen ohnehin nur auf Heimtiere beziehen. Die neue Informationspolitik des Bundes ist aus Sicht des Tierschutzes sehr zu begrüssen. In jenen Fällen, in denen Prävention versagt und es dennoch zu Tierschutzdelikten kommt, muss sie allerdings durch einen griffigen Strafrechtsvollzug ergänzt werden.


Argument 7

Sogar die Veterinärdienste finden, Tieranwälte seien unnötig.

Aus eigener Erfahrung können nur die Zürcher Veterinärinstanzen die Arbeit eines Tieranwalts beurteilen. Hier fällt das Urteil überaus positiv aus: Das Zürcher Veterinäramt steht – ebenso wie auch die Zürcher Strafuntersuchungsbehörden – hinter dem Amt des Tieranwalts und schätzt diesen als entlastendes Element im Zusammenspiel der Rechtspflege. Das Misstrauen in einigen anderen Kantonen ist unbegründet. Die Einführung eines Tieranwalts bedeutet keine Bevormundung der Veterinärdienste. Es handelt sich vielmehr um zwei parallel laufende Schienen, die es gut aufeinander abzustimmen gilt. Der Tieranwalt und die kantonale Fachstelle Tierschutz ergänzen und unterstützen sich gegenseitig.



Argument 8

Das neue Tierschutzgesetz verpflichtet Vollzugsbehörden, bei vorsätzlichen Tierschutzdelikten eine Strafanzeige einzureichen. In absehbarer Zeit führt dies zu einer Verbesserung des effektiven Tierschutzvollzugs.

Der mangelhafte Vollzug im Tierschutz ist auf verschiedene Ursachen zurückzuführen. Eine davon ist, dass viele Veterinärdienste bisher kaum oder überhaupt keine Strafanzeigen gegen fehlbare Tierhalter erstattet haben und Missstände stattdessen allein mittels Gesprächen und Verwaltungsmassnahmen zu beseitigen versuchten. Dem wirkt – allerdings nur bei Vorsatzdelikten – die neue Anzeigepflicht tatsächlich entgegen. Das Einreichen einer Anzeige bedeutet aber noch lange nicht, dass ein Tierschutzverstoss von den Untersuchungs- und anderen mit der Strafrechtspflege betrauten Behörden anschliessend auch angemessen abgeklärt und geahndet wird. Dem Missstand, dass Desinteresse und Unkenntnis der massgeblichen Tierschutzvorschriften bei den zuständigen Instanzen verbreitet sind, würde ein spezialisierter Tieranwalt entgegenwirken.


Argument 9

Die Kantone können bereits mit der heutigen Gesetzgebung Tieranwälte einsetzen. Bis heute hat aber lediglich der Kanton Zürich von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. Offensichtlich ist dieses Amt unnötig, weil die Staatsanwaltschaften die Anliegen der Tiere im Strafverfahren bereits genügend vertreten.

Nicht alle Tierschutzdelikte werden von Staatsanwälten bearbeitet. Rund 70 Prozent aller Fälle, die so genannten Übertretungen, werden in vielen Kantonen von Verwaltungsstellen mit Strafrechtsbefugnissen (beispielsweise von Amtsstatthalterämtern) erledigt. Diese sind in Tierschutzangelegenheiten oft noch weniger erfahren als die Staatsanwaltschaften. Hinzu kommt, dass die kantonalen Tierschutzfachstellen der Veterinärbehörden in den meisten Kantonen keine Parteirechte ausüben und daher auf die Strafuntersuchung, den Entscheid und das Strafmass keinen Einfluss nehmen können. Der Umstand, dass die Kantone die Gelegenheit zur Einsetzung eines Tieranwalts nicht wahrgenommen haben, bedeutet nicht, dass er unnötig wäre. Im Gegenteil zeigt das Beispiel des Zürcher Tieranwalts, dass das Amt den Strafvollzug wesentlich optimiert.


Argument 10

Der Tieranwalt ist eine weitere Schikane, die sich gegen den Bauernstand richtet.

Die Arbeit des Tieranwalts richtet sich nicht gegen einen speziellen Nutzungsbereich, sondern umfasst sämtliche Gebiete des Umgangs mit Tieren. In den letzten Jahren hat sich der Schwerpunkt der Fälle von der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung zum Heimtierbereich hin verlagert. Die Tierschutzvorschriften gelten für sämtliche Lebensbereiche, in denen Tiere gehalten und genutzt werden, und müssen bei Widerhandlungen auch überall gleich geahndet werden. Tierhalter, die sich an das Tierschutzrecht halten, haben von Tieranwälten jedoch nichts zu befürchten, unabhängig davon, ob es sich nun um Bauern, Heim- oder Labortierhalter handelt.


Quelle
Stiftung für das Tier im Recht
Weiterführende Informationen


www.ulrichschmidt.be

Diese Seite drucken